Übersicht

Die Sprachfähigkeit als Teil des kognitiven Systems eines Individuums muss flexible und effektive Mechanismen bereithalten, die eine erfolgreiche Kommunikation mit verschiedenen Gesprächspartnern und in unterschiedlichsten Kontexten ermöglicht. Um dies zu gewährleisten, muss das Sprachsystem ein hohes Maß an Variabilität zulassen. Der SFB definiert diese Variabilität als einen Raum von sprachlichen Möglichkeiten, die einem Individuum, einer Gruppe von Sprachnutzern oder auch bestimmten Sprachen zur Verfügung stehen. Dennoch ist diese Variabilität, die sich auf allen linguistischen Beschreibungsebenen findet, nicht unendlich, sondern durch die Eigenschaften des zugrunde liegenden linguistischen Systems selbst, durch kognitive Faktoren und sozial-kommunikative Konventionen begrenzt.

Grenzen der Variabilität sind erkennbar, wenn bestimmte linguistische Verhaltensweisen relativ konsistent auftreten, sie also resistent gegenüber kognitiven Einflussfaktoren oder sich verändernden sozialen Situationen oder Konventionen sind, bzw. wenn sie innerhalb und über Sprachen, Gruppen und Individuen hinweg beobachtet werden können. Die Identifikation der Grenzen der Variabilität ermöglicht es uns, Erkenntnisse über den Aufbau des zugrundenliegenden Sprachsystems zu erlangen. Wir konnten zeigen, dass die Variabilität in der Sprache kein zufälliges “Rauschen”, sondern eine bedeutsame Informationsquelle zur Erklärung und Vorhersage sprachlichen Verhaltens darstellt. Oft scheint Variabilität sogar eine notwendige Voraussetzung für den Aufbau abstrakter mentaler Repräsentationen zu sein.

Gleichzeitig finden wir Instanzen “versteckter Variabilität”, das sind gleiche linguistische Eigenschaften an der Oberfläche verschiedener Sprachen, welche jedoch in den einzelnen Sprachen auf unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sind. Die Projekte im SFB erforschen die Grenzen, Beziehungen, Abhängigkeiten und Gemeinsamkeiten der verschiedenen Arten von Variabilität über eine Reihe linguistischer Phänomene und über verschiedenen Sprachen hinweg, um das Sprachsystem als Teil des ressourcenbegrenzten kognitiven Systems und als flexibles Werkzeug für Interaktion und Kommunikation besser zu verstehen. Komputationale und neuronale Modelle liefern systematische theoretische Erklärungen für Variabilität und ihre Grenzen. Durch die Modellierung der Faktoren, die sprachliche Entscheidungen über verschiedene linguistische Phänomene und über Sprachen hinweg beeinflussen, trägt der SFB zu einem besseren Verständnis der grammatischen Optionen einer Sprache sowie der zugrundeliegenden grammatischen Repräsentationen innerhalb von Individuen bei. Dies geht einher mit der Weiterentwicklung linguistischer und psycho-/neurolinguistischer Theorien sowie komputationaler und neuronaler Netzwerkmodelle des linguistischen Systems.

Kontakt:

Universität Potsdam
Department Linguistik
Prof. Dr. Doreen Georgi
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