C05

Versteckte Variabilität in “Sharing“-Konstruktionen

PI(s): Prof. Dr. Doreen Georgi

Dieses Projekt untersucht die Grenzen der Variabilität bei der Bildung von Filler-Lücken-Abhängigkeiten durch das Studium von Sharing-Konstruktionen (SKs), in denen ein einzelner Filler mit mehreren Lücken verknüpft ist (wie in Across-the-board- und Schmarotzerlückenkonstruktionen). Wir wenden eine Vielzahl neuer und verfeinerter Diagnostika in quantitativ-experimentellen Studien sowie in direkten Elizitationen an, um die Hypothese zu evaluieren, dass SKs trotz ihrer Oberflächenähnlichkeit aus unterschiedlichen Quellen entstehen können (= versteckte Variabilität). Dafür vergleichen wir die Morphosyntax (i) verschiedener SKs in einer Sprache und (ii) dieselbe SK über verschiedene Sprachen hinweg. Die Ergebnisse erlauben uns, formale Modelle über die Generierung von Sharing zu verbessern und Beschränkungen über die Bildung von Filler-Lücken-Abhängigkeiten besser zu verstehen.

in Phase 1:

Die Grenzen der Variabilität bei Extraktionsasymmetrien

PI(s): Prof. Dr. Doreen Georgi

Das Projekt untersucht die Quelle von Extraktionsasymmetrien in der Syntax aus sprachübergreifender Perspektive, insbesondere Subjekt-/Nicht-Subjekt-Asymmetrien. Es ist bekannt, dass die Deplatzierung von Subjekten in vielen Sprachen restringierter ist als die von Nicht-Subjekten; das äußert sich darin, dass erstere besonderer morphologischer oder syntaktischer Bausteine bedürfen (z.B. Valenzveränderungen, Hinzufügen oder Tilgung von Morphemen am Verb) bedürfen, um extrahiert werden zu können. Wir fokussieren unsere Untersuchungen insbesondere auf eine dieser Asymmetrien, die bisher vergleichsweise wenig untersucht wurde, den sogenannten Anti-Agreement-Effekt (AAE). Nach der gängigen Definition in der Literatur, wird in Sprachen mit dem AAE die Morphologie, die ein Argument verdoppelt (z.B. Kongruenz, Klitikum) unter Subjektextraktion entweder reduziert oder ganz getilgt — so etwa in Konstituentenfragen oder unter Fokussierung, wo eine Phrase an den linken Satzrand verschoben wird. Das Ziel des Projektes ist es, die Faktoren, die den AAE sowie Subjekt-/Nicht-Subjekt-Extraktionsasymmetrien generell auslösen, zu bestimmen. Die zentrale Frage ist, ob es eine Beschränkung in der Grammatik gibt, die alle Extraktionsasymmetrien auslöst (und die sichtbaren Asymmetrien nur verschiedene Oberflächenreparaturen derselben Beschränkung sind), oder ob es mehrere Quellen für diese Effekte gibt. Außerdem wollen wir ergründen, weshalb viele, aber nicht alle Sprachen mit Argumentverdopplungsmorphologie den AAE aufweisen. Um diese Fragen zu beantworten, führen wir eine sprachvergleichende Studie durch, die ca. 15 Sprachen mit dem AAE aus verschiedenen (Sub)Familien untersucht. Dabei studieren wir auch im Detail, wie das Argumentkodierungssystem und das Deplatzierungssystem der jeweiligen Sprache funktioniert – was bisher in der Literatur zum AAE wenig bis gar nicht gemacht wurde. Wir sammeln Daten mit Hilfe von Muttersprachlerin in Fragebogenstudien (Grammatikalitätsurteile) und in Elizitationen. Dabei vergleichen wir über die Sprachen hinweg die Bedingungen, unter denen der AAE ausgelöst bzw. blockiert wird. So können wir herausfinden, ob diese Faktoren stark variieren oder es eine begrenzte Anzahl von Faktoren gibt, die den Effekt bedingen.

Das Resultat des Projekt ist folgendes: Der AAE hat nicht eine Quelle, die in allen Sprachen gleich ist, d.h. er entsteht nicht durch eine generelle Beschränkung über Subjektextraktion in der Grammatik. Vielmehr finden wir, dass das relativ stabile (sprachübergreifend weit verbreitete) AAE-Phänomen multi-kausal ist, also verschiedene Auslöser in verschiedenen Sprachen hat. Der Effekt ist das Resultat der Interaktion von allgemeinen grammatischen Operationen, die an Deplatzierung und Argumentverdopplung beteiligt sind (Bewegung, Kongruenz, …), sowie unabhängigen – und z.T. sprachspezifischen – Beschränkungen über diese Operationen in den einzelnen Sprachen. Die zentrale empirische Beobachtung, die u.a. diese Schlussfolgerung motiviert, ist, dass in Sprachen mit dem AAE der Effekt der Reduzierung/Tilgung der Argumentverdopplungsmorphologie auch außerhalb von Subjektextraktion auftritt. Das bedeutet, dass es jeweils eine breitere, allgemeinere Generalisierung über das Auftreten dieser Morphologie in einer Sprache gibt und der AAE unter Deplatzierung nur einer von mehreren Kontexten ist, wo diese Generealisierung zur Anwendung kommt. In unserer Arbeit ergründen wir diese Generalisierungen durch das detaillierte Studium der grammatischen Eigenschaften der Sprachen. Die relevanten Faktoren, die wir identifiziert haben, sind: (a) das morphosyntaktische System der Argumentverdopplung (Wie ist Argumentverdopplung in einer Sprache beschränkt?), (b) die Art der morphologischen Verdopplung (Kongruenz ausgedrückt durch gebundene Morpheme, freie oder klitische Pronomina), und (c) Eigenschaften von Deplatzierung in einer Sprache (Wird die Abhängigkeit durch Bewegung oder Basisgenerierung erzeugt? Hinterlasst sie Lücken oder Resumptivpronomina?). Wir haben herausgefunden, dass in einigen Sprachen der AAE das Resultat von kontextueller Allomorphie ist, d.h. ein Kongruenzmorphem ist manchmal aus unabhängigen Gründen phonologisch einfach null (z.B. im Limbum (Grassfields Bantu, Niger-Kongo) und Walisischen (Keltisch, Indoeuropäisch)); in anderen Sprachen resultiert der AAE daraus, dass das Morphem, das Argumentverdopplung ausdrückt, ein Pronomen und das eigentliche, thematische Argument des Verbs ist, während die gedoppelte NP nur als linksperipheres Adjunkt dient – eine Funktion, die nicht alle Nomentypen einnehmen können (z.B. im Awing (Grassfields Bantu, Niger-Kongo). In einer dritten Gruppe von Sprachen ist die Verdopplungsmorphologie pronominal, aber nicht das thematische Argument des Verbs (pronominales Klitikum, Resumptivpronomen): pronominale Ausrücke sind nicht mit jeder Art von NP als Antezedens kompatibel ist (nur mit referentiellen/spezifischen Antezedenten, aber nicht, z.B. mit wh-Ausdrücken); bei solchen Nomentypen, die keine Antezedenten sein können, kann das pronominale Element nicht auftreten, was zum AAE führt (z.B. im Asante Twi (Kwa, Niger-Kongo) oder im Fiorentino (Romanisch, Indo-Europäisch). Unsere Erkenntnis suggeriert, dass es nicht notwendig – und gar überflüssig – ist, konstruktionsspezifische Regeln zu postulieren, die entweder auf Deplatzierung direkt oder indirekt auf damit assoziierte Merkmale Bezug nehmen, um den AAE formal zu erfassen, wie es in der bestehenden Literatur geschieht. Stattdessen folgt der AAE aus einer allgemeineren Generalisierung darüber, wann und wie Argumentverdopplung in einer Sprache möglich ist – mit AAE-artigen Auswirkungen auch in Kontexten außerhalb von Deplatzierung.

MitarbeiterInnen

Publikationen

  • Peer-Reviewed: Papers, Journals, Books, Articles of the CRC
  • Talk or Presentation: Talks, Presentations, Posters of the CRC
  • SFB-Related: not produced in connection with the CRC, but are thematically appropriate
  • Other: Papers, Journals, Books, Articles of the CRC, but not peer-reviewed